Die Pferdezucht in der Schweiz hatte um
die Jahrhundertwende eine wechselvolle
Entwicklung hinter sich. Sie erlebte Blütezeiten,
die wieder von Krisen, Zerfahrenheit
und Unsicherheit abgelöst wurden.
Bis 1855 wurden im Kanton Aargau zwischen
4’000 und 5’000 Pferde gezählt. Die
Konkurrenz der Eisenbahn, besonders im
Gütertransport und Postbetrieb, führte in
den folgenden 30 Jahren zu einer Abnahme
um und 1’000 Stück. Im Jahr 1868
griff der Bund mit gesetzlichen Regelungen
in die Pferdezucht ein, der Kanton Aargau
folgte mit einem kantonalen Gesetz zur
Förderung der Pferdezucht. Die auf dieser
gesetzlichen Basis durchgeführten Pferdeausstellungen
zeigten allerdings eine deutliche
Verschlechterung der Qualität und ein
sinkendes Interesse an der Pferdezucht. Die
Schuld des Misserfolgs wurde den importierten
Blutpferden zugeschrieben, die nicht
auf das einheimische tutenmaterial und die
Boden- und Klimaverhältnisse passten. Die
Nachzuchtprodukte waren häufig zu gering
und zu fein, um den damaligen Ansprüchen
zu genügen.
Bereits 1881 haben sich im Kanton argau
die Besitzer der wertvollsten Haustiere – die
Pferde – zu Versicherungsgesellschaften
auf Gegenseitigkeit zusammengeschlossen.
1886 begann ein langsamer Aufschwung
der Pferdehaltung, indem besonders die
Landwirtschaft als Pferdeabnehmer auftrat,
so dass sich der Gesamtbestand bis 1911 verdoppeln konnte. 1899 war noch
eine Deckstation in Muri mit einem Anglo-
Normänner-Hengst «Kaled» in Betrieb. Die
Pferdeschaukommission erhielt den Auftrag
zu prüfen, ob diese Station weiter zu
erhalten sei. In Anbetracht des steigenden
Zugpferdebedarfs kam die Kommission am
23. Juli 1900 zu folgendem Schluss: «Es sei
ein neuer Versuch zur Hebung der Pferdezucht
zu wagen, und zwar durch Änderung
des Zuchtziels und durch Gründung einer
aargauischen Pferdezuchtgenossenschaft,
wozu die nötigen Vorarbeiten beförderlich
einzuleiten seien.» Nach einer Besichtigung
der Pferdezuchtgenossenschaft Burgdorf
arbeitete die Staatswirtschaftsdirektion Statuten
für eine zu gründende Pferdezuchtgenossenschaft
aus. Am 14. April 1901
wurde die «Aargauische Pferdezuchtgenossenschaft» von 55 Mitgliedern gegründet.
Die «Aargauische Pferdezuchtgenossenschaft» erfreute sich eines sehr guten Erfolgs und ermunterte eine Schar Pferdebesitzer im Bezirk Zofingen, ebenfalls Pferde auf genossenschaftlicher Basis zu züchten. Unter der Leitung von Bezirkstierarzt Dr. Schenker, dem späteren Kantonstierarzt, wurde am 3. Januar 1909 die «Pferdezuchtgenossenschaft Zofingen» gegründet, welche sich ebenfalls die Zucht eines landwirtschaftlichen Zugpferdes zum Ziel setzte. Allerdings sollte dieses Zugpferd nicht nur schwere Lasten ziehen können, sondern auch vor dem leichten Wagen durch seine Gängigkeit genügen. Es wurde deshalb das schwere Halbblut auf der Grundlage der Holsteinerrasse in Aussicht genommen. Im Gründungsjahr 1909 wurden in der Genossenschaft insgesamt 51 weibliche Zuchttiere prämiert, davon 43 Stuten, 3 halbjährige und 5 anderthalbjährige Fohlen. Das Protokoll der Gründungsversammlung vom 3. Januar 1909 ist leider nicht mehr auffindbar. Dem Firmenbuch des Handelsregisteramtes des Kantons Aargau ist folgender Gründungszweck zu entnehmen: Zucht eines schweren Warmblutpferdes (Holsteiner)
Text: Hansruedi Häfliger